Beschluss: beschlossen

Abstimmung: Ja: 9, Nein: 4, Anwesend: 0

Bgm. Kroth gab die Stellungnahme der Verwaltung dem Gremium zur Kenntnis:

 

Begründung der Verwaltung zur Beantragung des Planfeststellungsverfahrens der Ortsumgehung mit Hochwasserschutz

 

1.)  Verkehrsbedeutung und Verkehrsbelastung:

Die Staatsstraße 2315 liegt auf einer überregionalen Entwicklungsachse, die von Miltenberg Richtung Wertheim zur Bundesautobahn A3 verläuft. Durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Zuge dieser Entwicklungsachse sollen die auf der bayerischen Mainseite an der St 2315 gelegenen Gemeinden nachhaltig gestärkt werden.

Über die St 2315 und weitere Staatsstraßen ist in westlicher Richtung mit der Hauptverkehrsachse der Zugang zur B 469 (Anschlussstelle Kleinheubach). Es bestehen durch den LKW-Verkehr schwer passierbare Ortsdurchfahrten in Freudenberg (Baden-Württemberg) an der Landesstraße 2310 sowie in Kirschfurt und Stadtprozelten an der Staatsstraße 2315. Dies führt zu Verkehrsbehinderungen und damit zu Belastungen für Verkehrsteilnehmer und Anwohner in den engen Ortsdurchfahrten. Die Verkehrsbelastung der St 2315 beträgt derzeit rund 5000/5500 Fahrzeuge am Tag. (Verkehrszählung 2015).

 

2.)  Planungsumfang:

Die Ortsumfahrung Stadtprozelten ist etwa 3 km lang und liegt talseitig des Ortes im Mainvorland. Sie quert an Baubeginn und Bauende die parallel verlaufende Bahnlinie höhenfrei und liegt in Dammlage, um auch bei mittleren Hochwässern den Verkehr noch führen zu können. Im Streckenverlauf sind zur Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen Ort und Mainvorland mehrere Brückenbauwerke vorgesehen. Die Anbindung Stadtprozeltens an die Ortsumfahrung erfolgt an Baubeginn und Bauende jeweils mit einem Kreisverkehr. Für den Eingriff in das Überschwemmungsgebiet des Mains sind seitlich der Trasse mehrere Ausgleichsflächen vorgesehen. Die Kosten liegen bei 43.615.048 € plus Grunderwerb. Aufgeschlüsselt: 30.371.403 € Straßenbau, 10.136.661 € Hochwasserschutz und 3.106.985 € Städtebau. Der Eigenanteil der Stadt beläuft sich dabei zwischen 5,7 und 7,7 Millionen (mit oder ohne Übernahme der Folgekosten). Ein Finanzierungskonstrukt wird ab 2024 in den Haushalt gestellt. Die Finanzierung könnte über einen Geschäftsbesorgungsvertrag erfolgen.

 

3.)  Planungsziele der Maßnahme sind:

a)    Verbesserung der Verkehrssicherheit und Verkehrsqualität

b)    Stärkung der überregionalen Entwicklungsachse im Südspessart

c)    Entlastung der Ortsdurchfahrt Stadtprozelten mit Durchgangsverkehr

d)    Verringerung von Lärm- und Schadstoffbelastungen im Ortskern

e)    Schaffung von Entwicklungsmöglichkeiten für den historischen Altstadtkern

f)     Aufwertung des Wohnumfeldes und Verbesserung der Lebensqualität in Stadtprozelten

 

4.)  Synergieeffekte

Mit Verlegung der St 2315 wird Hochwasserschutzmaßnahmen sowie Städtebau durchgeführt.

Es erfolgte ein PP-Präsentation zum derzeitigen Sachstand. Die PPP ist Bestandteil der Sitzungsniederschrift.

 

Im Anschluss gaben die Fraktionssprecher 2. Bgm. Adamek für die CSU, Stadtrat Weiskopf für die FWG und Stadtrat Piplat für die SPD ihr Statement. Die Statements sind ebenfalls Bestandteil der Sitzungsniederschrift.

 

2. Bgm. Adamek betonte die Entwicklung der Planung mit dem Städtebau bzw. des SEK in die Planungsleistungen der Stadt. Mit dem Eintritt in die Planfeststellung sollte man weiterhin den Planungswillen der Stadt bekunden. Ziel sei es jetzt, das Projekt abzuschließen. Zudem soll der Unterhalt beim Staat bleiben.

 

Stadtrat Weiskopf monierte die Informationspolitik und betonte, besonders die Bürger zu vertreten, die der Maßnahme skeptisch gegenüber stehen.

 

Stadtrat Piplat führte aus, dass man Informativ alle auf dem gleichen Stand seien und sich die Planung seit dem Bürgerentscheid im Wesentlichen auch nicht mehr geändert habe und in dieser Zeit massiv Bürgerbeteiligung stattfand.

 

Bgm. Kroth betonte, dass es vor 14 Tagen noch eine Informationsveranstaltung für den gesamten Stadtrat gab und hier jeder den gleichen Informationsstand hat.

Abschließend gab er noch die Stellungnahme der Städtebauförderung von der Regierung, Herrn Hemmelmann,  zur Ortsumfahrung dem Stadtrat im Wortlaut zur Kenntnis:

 

 

„Städtebauliche Erfordernis der Umgehungsstraße in Stadtprozelten

 

Die Stadt Stadtprozelten, 1292 zuerst als solche genannt, entstand unter dem Schutz der Henneburg auf dem schmalen Uferstreifen am Main.

Langgestreckte, talwärts verlaufende Schenkelmauern verbinden die Burgruine mit der Altstadt. Historisch war die Altstadt ihrerseits durch eine parallel zum Main verlaufende Mauer geschützt. Das vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eingetragene Ensemble besteht aus der Altstadt und dem Schlossberg und ist heute noch gut ablesbar.

Wegen der Verleihung der Stadtrechte im Jahre 1355 weist Stadtprozelten städtische Funktionen, städtische Gestalt und Dichte auf kleinstem Raum auf. Die dichte Bebauung ist zugleich auf die topographische Situation und der schmalen Uferkante des Südspessarts zurückzuführen. Der linienförmige Siedlungskörper der Altstadt verläuft in größten Teilen entlang der Hauptstraße und zwängt sich förmlich in das enge Korsett zwischen Hangbereich und Mainufer.

 

Infolgedessen wurde die mittelalterliche Altstadt mit zahlreichen herausragenden Baudenkmälern von mehreren katastrophalen Hochwässern in den vergangenen Jahrhunderten heimgesucht.

Die enge Lage der Stadt zwischen Berg und Burg einerseits und dem Main andererseits ist zwar gestalterisch reizvoll, bildet aber auch einen enormen Engpass für den Durchgangsverkehr. Vor allem der massiv wachsende Schwerlastverkehr entlang der Staatsstraße 2315 zwischen Wertheim und Miltenberg belastet die Stadt und ihre Bewohner mit erheblichen Emissionen. Staub, Lärm und die eingeschränkte Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer stellen die Stadt und ihre Bewohner vor größte Herausforderungen.

 

Die Henneburg, der Main und die verbindende, topographisch stark bewegte Landschaft bilden die eindrücklichsten Bestandteile der Stadt und schaffen eine einzigartige Kulisse. Die vergleichsweise junge,

jedoch aufgrund der hohen Verkehrsbelastung nicht weniger prägende Staatsstraße bringt das fragile Stadtgefüge jedoch zunehmend aus dem Gleichgewicht.  

 

Anforderungen an die Qualität und Gestaltung des öffentlichen Raumes sind in der sehr dicht besiedelten Altstadt besonders hoch, da bei den meisten betroffenen privaten Anwesen keine oder lediglich sehr eingeschränkte Außenbereiche vorhanden sind. Durch den andauernden Verkehr und die räumliche Enge bestehen jedoch in Stadtprozelten derzeit keine Möglichkeiten, den Bereich der Hauptstraße mit Aufenthaltscharakter auszustatten und somit den dringend notwendigen hochwertigen Freiraum für die Bewohner zu schaffen. Die Nutzung und Aneignung des öffentlichen Raumes durch die Anwohner bleibt deshalb verständlicherweise aus. Sie würde aber die Identifikation mit dem Ort erhöhen und den besonderen Charakter der Stadt wieder in Wert setzen.

 

Demnach finden sich in der denkmalgeschützten Altstadt von Stadtprozelten erhebliche Missstände. Die Gebäude sind überdurchschnittlich alt, weisen einen erheblichen Modernisierungsstau sowie Unternutzung und Leerstand auf. Alleine im Altstadtbereich lassen sich deshalb ca. 30 leerstehende Wohngebäude zählen. Die hohe Verkehrsbelastung der Staatsstraße sowie die ständige Gefahr von Hochwässern beeinträchtigen die Attraktivität des Ortskernes als Wohn- und Geschäftsstandort in erheblichem Ausmaß. Dringend notwendige Investitionen bleiben aus, der Leerstand weitet sich aus und der Verfall schreitet unausweichlich weiter voran. Diese Abwärtsspirale lässt sich ohne groß angelegte „Wiederbelebungsmaßnahmen“ nicht stoppen.

 

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Stadt trotz der o.g. widrigen Umstände größte Anstrengungen betreibt, um dem allmählichen Wegzug und dem Verfall der Altstadt entgegenzuwirken. Mit dem Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept sowie der Sanierungssatzung wurden hierfür im Jahr 2009 die Weichen gestellt. Neben der herausragenden Sanierung des historischen Rathauses wurde mit großer Sorgfalt und hoher Akribie beispielweise ein kleiner Platz geschaffen, der den Bewohnern eine Rückzugsmöglichkeit eröffnet.

 

Die Voraussetzungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung sind dem Grunde nach gegeben. Durch das Stadtentwicklungskonzept und einer auf Dauer angelegten Partnerschaft mit dem Architekturbüro Neu werden strategische Entscheidungen grundsätzlich strukturiert und mit hoher planerischer Qualität getroffen. Zudem hat sich die Stadt Stadtprozelten im Jahr 2018 mit einem Selbstbindungsbeschluss „Innen statt Außen“ gegen ein Wachstum in die Fläche entschieden. Daraus geht beispielsweise hervor, dass Baugebiete nur noch im unbedingt notwendigen und nachgewiesenen Bedarf ausgewiesen werden.

Die Anbindung der Stadt zur Autobahn, ins Rhein-Main Gebiet sowie nach Würzburg und den umliegenden Mittelzentren Miltenberg, Wertheim und Marktheidenfeld ist über die Staatsstraße gegeben. Die Bahnlinie Miltenberg – Wertheim eröffnet auch im Bereich des ÖPNV´s eine relativ gute Anbindung.

 

Eine nachhaltige und auf Dauer angelegte Lösung der genannten Probleme kann in diesem Einzelfall nur eine gut geplante und präzise geführte Umgehungsstraße sein. Die Auslagerung des Verkehrs und die räumliche Bündelung mit der bestehenden Bahnlinie würde die Altstadt maßgeblich entlasten und eine positive Entwicklung und Aufwertung befördern. Eine hochwertige Gestaltung im Bereich der Altstadt mit der Einbeziehung vorhandener Wegebeziehungen und einer der Region entsprechenden Materialität sind im beschriebenen historischen Kontext von größter Bedeutung.

Die Stadt und die betroffenen Eigentümer bekämen gleichzeitig Planungssicherheit in Sachen Hochwasser. Nur so ist es möglich, der Stadt die Möglichkeit zu geben, den öffentlichen Raum entsprechend zu qualifizieren, Familien und Investoren von den Vorzügen der Innerortslage zu überzeugen und somit die Altstadt wieder in Wert zu setzen. Einer lebendigen, attraktiven und nachhaltigen Entwicklung der historisch wertvollen Altstadt stünde mit der Umsetzung der geplanten Umgehungsstraße nichts mehr im Wege.“

 

Stadträtin Kirchner-Kraft sprach sich positiv für das Projekt aus und bat um einen respektvollen Umgang miteinander.  Zudem regte sie auch an, den Durchgang beim Anwesen Schlerpf sowie an der Kirche nicht zurückzubauen um den uneingeschränkten Zugang zum Mainvorland zu erhalten.

 

Stadtrat Zöller fehlten Informationen zur Abstimmung. Für ihn sei die Informationslage nicht ausreichend.

 

3. Bgm. Johne zeigte sich empört seitens der Informationslücken der FWG, da sie doch zum Bürgerbegehren selbst informiert haben und nun nichts mehr davon wissen.

 

Bgm. Kroth betonte nochmals, dass allen Fraktionen den gleichen Wissenstand vermittelt wurde und zudem immer bei ihm selbst oder der Verwaltung Rückfragen eingeholt werden können.

 

Stadträtin Werthmann bat in Hinblick auf die zukünftigen Fördergebern um einen einheitlichen Beschluss.

 

Stadtrat Piplat merkte an, dass die bisherigen einstimmigen Beschlüsse der Stadt immer die Projekte vorangebracht haben und dies nicht zu unterschätzen sei. Er mahnte die lange Planungszeit an und bat mit der Planung ein Herz für Stadtprozelten und gegen den Untergang zu zeigen.

 

Stadtrat Weiskopf führte aus, dass er nicht generell gegen das Projekt sei er aber das Gefühl habe, dass nicht jeder dafür sei. Er sehe seinen Wählerauftrag dahingehend, auch diejenigen zu repräsentieren, die gegen das Projekt sind.

 

Stadträtin Götz dementierte, dass sie sehr wohl ein Herz für Stadtprozelten habe, nur ihre Prioritäten woanders sehe. Ihr sei es auch wichtig, unterschiedliche Meinungen zu repräsentieren.


Der Stadtrat von Stadtprozelten beschließt die Beantragung des Planfeststellungsverfahrens auf Grundlage der Sonderbaulastvereinbarung. Weiterhin beschließt der Stadtrat von Stadtprozelten, dass die Verwaltung, Aufgaben, die sich im Zuge des Planfeststellungsverfahrens ergeben, bearbeiten darf.

Es wird festgehalten, dass die Hochwasser Schutzmaßnahmen ohne Folgekosten (siehe Kostenermittlung WWA vom KS Stand 30.09.2020) erfolgen sollen.

Zudem wird entschieden, dass die Stützmauern im Bereich des

Hochwasserschutzes nicht in die Bau- und Unterhaltungslast der Stadt

Stadtprozelten übergehen sollen.

 


Abstimmungsergebnis:

Mitglieder

Abstimmungsergebnis:

Gesamtzahl:

Anwesend u. Stimmbe-rechtigt

für

den Be-schluss

gegen

den Be-schluss

13

13

9

4